STADTMUSEUM WIL
Hans Weiss der Jung
Nach dem Ableben des Niklaus Wirt betätigte sich im Jahr 1585 „ein nüwer schiltbrenner" in der Stadt Wil. Leider wußte
man bis dahin weder, wie er hieß, noch, wie lange er als Glasmaler in Wil tätig war. Das Rätsel um den neuen
Schiltbrenner wurde mit einem Schlag gelöst, in dem im Stadtarchiv Wil ein drei Seiten füllender, schlecht
geschriebener Brief zum Vorschein kam. Dieser datiert vom Freitag nach S. Jörgen Tag (28. April) 1587, und ist
unterschrieben „Von mir Hanß Weiß der Jung, burger zu wessen glasmaler zu Costantz by Meister pilip menberger
burger zuo Costantz" und versehen mit dem wohl erhaltenen Papiersiegel.
Man wußte, daß ein Hans Weiß am 11. April 1587 „bei einem Konstanzer Meister" tätig war. Dieser Meister war Philipp
Memberger der Jüngere. Er heiratete 1565 eine Anna Kupferschmid von Weesen, und Hans Weiß d. J. nennt ihn in
seinem Brief Vetter. Aus dem langfädigen Brief geht hervor, daß Hans Weiß sich nach dem Ableben des Niklaus Wirt in
Wil als Glasmaler niedergelassen hatte, daß er also der bisher anonyme „nüwe schiltbrenner" ist. Er hatte aber, wie er
sagt, „weder glück noch fal zu Wil gehan". Darum zog er unter Hinterlassung von Schulden mit seiner Frau, die von
Winterthur war, etwa Anfang April 1587 dorthin, in der Hoffnung, die dortigen Verwandten könnten ihm helfen. Er
täuschte sich aber, und so kam ihm eine Einladung seines Vetters Memberger in Konstanz sehr gelegen, der ihn wegen
großer Aufträge zu sich berief. Die Frau, die er bei ihrer Mutter in Winterthur zurückgelassen hatte, starb bald darauf
(„under dem selbig hett der Almechtig Gott zu miner lieben husfrowen grifen und hett sy zu sinen gnaden berüöfft und
hett sy mir genomen"). Von seiner neuen Arbeitsstelle in Konstanz schrieb er nun Ende April an Schultheiß und Rat der
Stadt Wil den wortreichen Rechtfertigungsbrief, der eine Antwort ist auf eine nicht mehr vorhandene „fetterliche
warnung" der Wiler Behörden: "es stimme nicht, daß er „in einer bösen meinung" mit seiner lieben Hausfrau
hinweggezogen sei; er habe immer im Sinn gehabt, seine Gläubiger zu befriedigen „und darnach ein früntlicher
Abschcid zu nemen und in min fatter Land zu züchen"; „ich hab noch min leben lang nie kener beschissen noch
betrogen, noch min fatter nüt kost, miner frouwen guott nitt verduon". Aber er klagt: „Es ist eine schwere dürre Ziitt und
han ich müesen mit leren henden anvon husen; es nimpt mich wunder, das ich nitt düfer bin inen gewatten; dan ich hab
kein hilff noch trost gehan nienen". Zum Schluß die treuherzige Bitte: „Darum ir mine herren zürnend darum nüntt: ich
han grad min klaggeschriben, wie es mir um die hend gatt". Und als Nachschrift fügt er nach dem Datum noch bei:
„Witter, gnediger her schulthes, ich hab 2 wapen, die mach ich üch minen heren noch vollends us, die wil ich zu dem
alerersten zu üweren handen stelen".
(nach: Boesch, Paul, Die Wiler Glasmaler und ihr Werk, Wil 1949)