STADTMUSEUM WIL
Georg Rimensberger, 21. August 1958:
Grundsätzliches zur Kunst
„Was ist das Wandbild im Besonderen überhaupt? Es stellt gewissermassen auch ein Stück Architektur dar, etwas Gebautes aus
Fläche, Form, Farbe, Inhalt, aber auf einer Ebene, getreu den alten Gesetzen der Malerei.
Die fehlende Perspektive mit ihren Fluchtpunkten, das
Flächige heutiger Darstellungen machen das Bild zu einem
echten
Gegenüber, ergeben also ein anderes Verhältnis
zwischen Bild und Beschauer als die dem Menschen untergeordnete
perspektivische Darstellung.
Die Kunst aber ist keine Fertigware wie die Zeitung, das Radio, das Fernsehen, das Kino. Sie verlangt mitschöpferische Tätigkeit,
Nachempfinden des Betrachters.
Es ist nicht die Aufgabe der Kunst, Natur abzubilden. Vielmehr ist Kunst in Begriff und Wesen gekennzeichnet dadurch, dass sie
Nicht-Natur ist. Ihre Aufgabe ist unmittelbar durch Form Sinngehalte auszudrücken. Die Form kann freilich auf die Natur Bezug
nehmen, aber weder die Natur noch der erzählerische Inhalt bestimmen das Wesen der Kunst, sondern die unmittelbare Sprache,
die dem Kunstwerk eigen ist. Hier hat sie dieselbe Sprache wie das Symbol.
Das Wesen des Kunstwerkes liegt nicht in der sogenannten „Schönheit“, sondern in der Ordnung, der künstlerischen Ordnung. In
den letzten Jahrhunderten wurde die Aussenwelt als alleinige Natur empfunden, der natürlichen Malweise – aber die Natur kann
uns in dem Sinne nicht lehren, sondern nur in uns wirken. Deshalb ist alle Kunst immer in Bewegung, sie bleibt nie stehen, so wie
sich das Leben überhaupt dadurch kennzeichnet, dass es sich stets verändert.
Würde der Künstler nicht jedem Bild etwas aus seiner Seele dazufügen, so bliebe jedes Bild sinnlose Wiederholung von etwas, das
in der Natur vollkommener wäre.
Kunst ist nicht Gleichung – sondern Gleichnis.“